Meine persönliche Geschichte: Erwin Coppejans

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Als Junge genannt Erwin Coppejans wurde ich am 7. März 1975 in Sint-Truiden geboren. Sint-Truiden ist immer noch meine Heimatstätte. Ich wohne mit meiner Familie in Brustem, einer Teilgemeinde von Sint-Truiden. Seit 2003 lebe ich hier zusammen mit meiner fabelhaften Ehefrau Heidi Stippelmans sowie meinen beiden Prinzessinnen Luka und Arwen. Die Heirat erfolgte am 7. Januar 2000 in Sint-Truiden. Luka erblickte das Lebenslicht am 25. März 2004 und Arwen am 5. Mai 2007. Wir wohnen hier in unserem selbstgebauten Häuschen, und dies nur dank der vielen Hilfe und Unterstützung unserer Verwandten. Ich wohne auch mit meiner Familie neben meinen Schwiegereltern, was für uns unter den Umständen oft eine wichtige Hilfe ist. Heidis Vater ist Schreiner und konnte uns immer im Falle von Arbeiten oder Problemen behilflich sein. Mit meinen Eltern lebte ich in Wilderen, ebenfalls eine Teilgemeinde von Sint-Truiden, wo ich die Grundschule besuchte. Ich stamme aus einer Familie mit drei Brüdern, von denen der eine zwei Jahre und der andere sechzehn Jahre jünger ist.

Meine Mutter war hauptsächlich Hausfrau und mein Vater arbeitete bei der NGBE in Hasselt an drei verschiedene Stellen. Mutti hilft uns regelmäßig mit ihren 65 Jahren. Sie kümmert sich um unsere Kinder oder unterstützt uns, was auch für sie nicht immer leicht ist. Als Mutter ist es immer noch dein Sohn, der krank ist! Mein Vater fasste den Entschluss im Januar 2011, definitiv aus dem Leben zu scheiden. Dies stellte sich mitsamt der Diagnose ALS (April 2007)als besonders schmerzhaft heraus. Eben auch mein Vater schaute regelmäßig herein, um das Gras zu mähen oder sonstige Gartenarbeiten auszuführen. Auf diese Weise war er bei uns zu Hause öfters eine große Hilfe. Meine beiden Eltern wurden 1950 geboren. Auch mein jüngster Bruder Geert kommt oft vorbei und er wohnt bei meiner Mutter und studiert. Mein anderer Bruder, Luc, lebt mit seiner Familie in Zonhoven und deswegen ist es nicht immer einfach für ihn, vorbeizukommen, aber falls ich ihn brauche, kann ich mich auf ihn verlassen. Er hat auch zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Ich bin Pate seiner Tochter und meine Frau ist Patin seines Sohns.

Wenn nötig können wir uns immer auf Familie und sogar Freunde verlassen. Mein bester Freund, Sven, kommt regelmäßig vorbei, ist uns mit Hausarbeiten behilflich und pflegt den Garten. Heidi hat auch Geschwister und sogar erwachsene Nichten und Neffen (Heidi, meine Frau, ist die jüngste ihrer Familie und im Vergleich zu ihrer ältesten Schwester besteht ein Altersunterschied von 16 Jahren), beide stehen immer bereit wenn nötig auszuhelfen. Auch Onkel und Tanten stehen uns stets zur Seite.

Als Kind eilte ich durchs Leben, studieren war gar kein Problem, zumindest bis zum dritten Jahr des Sekundarunterrichts. Danach wurde es schwieriger, aber das hatte seinen Grund. Zweimal hatte ich ein Wiederholungsjahr in der Schule (das sechste Jahr des Sekundar- und das erste des Hochschulunterrichts). Der Grund war einfach: Ich studierte nicht ausreichend, dachte, es wird mir schon gelingen und war besonders an Fußball interessiert! Mit dem Fußballspielen kam ich sehr gut zurecht, so dass ich im Alter von fünfzehn Jahren von Duras auf STVV wechselte.

Nach dem Sekundar- besuchte ich den Sportunterricht an der Hochschule in Hasselt und absolvierte das Studium im Jahre 1998. Im Alter von zwanzig Jahren hatte ich inzwischen die vierte Klasse im Fußball erreicht. Auf diesem Niveau spielte ich zehn Jahre lang, bis ich 2006 in die zweite Provinzialklasse wechselte, nämlich zur Mannschaft VK Zepperen. Dort traten während meines Trainings die ersten Symptome auf.

Ich war schon immer sehr sportlich. Mein wichtigstes Steckenpferd war und ist immer noch der Fußball. Während meiner fußballerischen Laufbahn hatte ich bis auf einige Kopfwunden und Muskelverletzungen keine schwere Blessuren Nie war ich krank und führte immer ein gesundes Leben (weder Zigaretten noch Alkohol).

Die ersten Symptome stammen also vom November 2006, als meine Finger auf dem Fußballplatz zu verkrampfen anfingen. Ich fand es merkwürdig und ließ es zuerst von dem Physiotherapeuten, den ich zur Zeit besuchte, überprüfen. (Dieser Physiotherapeut kommt übrigens immer noch vorbei, um mir jeden Tag in den Muskeln und Gelenken mehr Flexibilität zu gestalten.) Inzwischen ist mein Physiotherapeut ebenso zum Freund geworden. Bei Problemen kann ich Geert, denn so lautet sein Vorname, immer um Hilfe bitten.

Nach zwei Behandlungen am Arm trat keine Besserung auf. Von da an haben wir weiter untersucht, woher das Problem mit meinen Fingern kam. Langsam entstand ein gewisser Kraftverlust im linken Arm ebenso wie in den Fingern. Herr Doktor Soors in Hasselt hat uns (nach vielen Untersuchungen) so schnell wie möglich nach Löwen verwiesen, da die Diagnose in Hasselt in Richtung ALS zeigte. Es war ein schwerer Schlag, besonders weil man es in Hasselt auch nicht wirklich taktvoll formuliert hat. Aber wie soll man so etwas dem Patienten mitteilen? Da meine Frau mit unserer zweiten Tochter hochschwanger war, bestanden wir darauf, dass die Diagnose in Löwen schnellstmöglich bestätigt wurde. Die Geburt war geplant für Anfang Mai 2007 und wir wollten die notwendige Klarheit haben. Leider erhielten wir diese später in Löwen. So habe ich die bekräftigte Diagnose bereits seit April 2007. Natürlich war das sehr schwer, aber letztendlich hat man keine andere Wahl, als einfach weiterzumachen. Selbstverständlich denkt man darüber nach: "warum ich, wieso kann das sein..." Erstens braucht man die unentbehrliche Unterstützung seiner Familie und seiner Freunde, um das alles zu erkennen und die ersten Schläge zu verarbeiten. Natürlich braucht man dazu einige Zeit, aber dies geht am besten, indem man beschäftigt und nicht stecken bleibt! Meine größte und erste Sorge bei der Diagnose war jedoch: "was wird mit meinen Kindern geschehen, werden sie die gleiche Diagnose zugesagt bekommen oder was kann ihnen dadurch zustoßen?". Ganz offen gestanden, war mir die Krankheit völlig unbekannt, obwohl ich zwei Jahre mit dem Sohn des Vorsitzenden der ALS Liga, Danny Reviers, Fußball gespielt habe. Man denkt einfach nicht darüber nach, wenn man gesund ist, beim Erblicken von jemandem im Rollstuhl. Das ist mental/psychologisch die wichtigste Veränderung, die man als menschliches Wesen durchmacht, im Falle einer schweren oder unheilbaren Krankheit. Erst dann wird man sich sehr bewusst, wie zerbrechlich und kostbar das Leben wohl ist, und dass man versuchen muss, jede Sekunde, Minute, Stunde und jeden Tag seines Lebens zu genießen! Man bemerkt ebenfalls, dass das Verständnis und der Respekt der Menschen, die dich nicht kennen, nicht so sind, wie sie sein sollten! Aufgrund der Unwissenheit über die Krankheit weiß man zunächst nicht, wie man reagieren soll. Deswegen sind wir mit den Menschen aus dem neuromuskulären Zentrum von Löwen sehr zufrieden, weil sie uns immer gut informiert, empfangen und motiviert haben. Außerdem haben wir selbst, vor allem meine Frau, noch weitere Auskünfte über die Krankheit nachgeschlagen. Ich selbst habe mich nicht viel Mühe gegeben, dies zu tun, weil ich es notwendig fand, alles herauszufinden was auf mich zukommen würde. Mit der Diagnose und der Kenntnis des zu erwartenden Krankheitsverlaufs hatte ich zu diesem Zeitpunkt ausreichend Informationen. Meine Umgebung tappte noch mehr im Dunkeln, im Bezug auf der Krankheit, was sie genau ist, auslöst und zur Folge hat. Oft hört man dann als erste Reaktion: "Alles wird wieder gut", "hoffentlich ist es nicht so schlimm" oder "ist das heilbar?" Erst dann merkt man, wie wenig oder gar nichts die Menschen einerseits über diese Krankheit wissen und andererseits wie die Leute dazu neigen, Fakten zu verringern. Oft gut gemeint, zur Beruhigung, aber leider. Es ist auch nicht unlogisch, dass man erst dann erkennt und weiß, was ALS genau bedeutet, wenn man tagtäglich damit konfrontiert wird. Daher ist es sehr positiv, dass in den letzten Jahren viele Initiativen ergriffen wurden, um die Krankheit besser bekannt zu machen. Auch die Einbeziehung berühmter Persönlichkeiten in die Kampagnen macht deutlich, dass mehr Unterstützung und Verständnis für diese Krankheit besteht.

Inzwischen war die Behandlung schon nach der Diagnose in Hasselt gestartet. Ich hatte bereits angefangen, das Arzneimittel Rilutek, von dem bekannt ist, dass es die Krankheit für sechs Monate verlangsamt, einzunehmen.

Der linke Arm war bereits deutlich von den Folgen meiner Krankheit betroffen. Trotzdem spielte ich noch immer Fußball und habe die Saison 2007-2008 beendet, wenn auch am Ende mit einem sehr geschwächten linken Arm. Aber ich wollte so lange wie möglich durchhalten und dasjenige tun, was ich immer gerne gemacht habe. Es war das Risiko wert. Weil die Krankheit langsamer verläuft, ändert sich dein Leben von einem Tag auf den anderen nicht allzu eingehend (ich bin auch dankbar dafür, denn es kann eben auch ganz anders verlaufen, dem bin ich mir ganz sicher) und du kannst die Anpassungen in deinem täglichen Leben mehr "verteilen". Auch wenn es im Laufe der Krankheit Momente gibt, wo Anpassungen und Einschränkungen etwas mehr zusammenfallen. Dies bleibt ohne weiteres nicht einfach, wenn man sich selbst und sein Lebensumfeld ständig anpassen muss. So begegnet man an bestimmten Momenten sich selber und seinen Grenzen, wenn man das Gefühl hat, dass man immer mehr Dinge aus seinem täglichen Leben preisgeben musst. Was die Sache besonders schwierig macht, in Bezug auf Anpassungen und Einschränkungen, ist, dass man seine ganze Familie einbeziehen muss, ob man es möchte oder nicht. Für mich bleibt dies immer das größte Dilemma, dass viele Dinge begrenzt und/oder angepasst werden müssen und, dass dies auch Auswirkungen auf das tägliche Leben deiner Frau und deiner Kinder hat. Für mich einerseits wird also immer nach der besten Lösung gesucht, aber ansonsten auch nach der am wenigsten radikalen Anpassung für meine Familie.

Mein Beruf als Sportlehrer war in den ersten Jahren sehr abwechslungsreich, sowohl im Hinblick auf die Unterrichtsmethoden, als auch hinsichtlich der Vielfalt der von mir zu unterrichtenden Fächer. Daraus habe ich sicherlich viel gelernt, sowohl als Lehrer als auch als Mensch. Schließlich landete ich als Sportlehrer, wo ich enden wollte, nämlich in der Grundschule in Wilderen, wo ich selbst auch Schüler war. Dort konnte ich die Beschäftigung meines ehemaligen Sportlehrers übernehmen und für mich wendete alles sich zum Besten. Umso mehr Spaß machte es, als meine älteste Tochter dort ebenfalls als Kleinkind zur Schule ging. Da ich als Sportlehrer auch Kleinkindgymnastik gemacht habe, konnte ich als stolzer Vater meine eigene Tochter unterrichten, die damals in der ersten Kindergartenklasse anfing. Natürlich war ich schon seit mehreren Jahren an der Schule beschäftigt. Schließlich habe ich meine Tochter bis zur dritten Kindergartenklasse, Ende 2009, Unterricht gegeben, bis ich wegen meiner Krankheit aufhören musste. Leider hat meine jüngste Tochter nie Unterrichtsstunden von mir erhalten, und darüber spricht sie noch immer oft mit mir! "Mir gefällt es nicht, dass du mich nie lehren konntest." behauptet sie.

Darüber hinaus habe ich mit größtem Vergnügen Fußball Training an Jugendspieler gegeben. Meine bevorzugte Zielgruppe bestand aus den 7- und 8-Jährigen. Ein sehr dankbares Alter, dass den Trainer volle Zufriedenheit bietet. Zwischen dem 18. und 25. und dem 28. und 38.Lebensjahr war ich immer mit Jugendfußball beschäftigt. Die größte Zeit davon als Jugendtrainer bei STVV. Zunächst als Trainer, später, wegen dem sich verschlechternden körperlichen Zustands, arbeitete ich auch einige Jahre als Jugendkoordinator bei der Unterstufe von STVV. Seit zwei Jahren, Juni 2014, habe ich auch damit völlig aufgehört, da es mir mental und körperlich zu belastend wurde. Das fiel mir besonders schwer, weil dies meine große Leidenschaft ausmachte und daher auch meine wichtigste Freizeitbeschäftigung.

Auch die Arbeit am Rechner, alles erdenkliche wie Musik, Präsentation und Fotoalben zu erstellen, ebenso wie Filme und Serien schauen, waren und sind vergnügliche Steckenpferde, denen ich mich so viel wie möglich komplett widme und dies immer noch versuche. Im Moment wird das alles sehr kompliziert, obwohl ich bereits über einige Hilfsmittel verfüge, darunter Software für Sprachtechnologie und die Bedienung der Maus über meinen elektrischen Rollstuhl. Weil ich ein Kämpfer bin, versuche ich, auch mit den alltäglichen Sachen zurecht zu kommen, anstatt sofort eingehende Anpassungen durchzuführen. Aber am Ende hast du das Gefühl, dass du die Dinge anpassen musst, damit du das tagtägliche Leben wieder im Griff bekommst. Besonders, wenn Langeweile auftritt und die Tage (zu) lang werden. Vielleicht liegt es an dieser Hartnäckigkeit, das heißt an dieser Entschlossenheit, dass ich erst jetzt Kontakt zur ALS Liga aufgenommen habe. Ich habe dies bewusst so lange wie möglich verschoben, um zu versuchen, auch ein normales Leben zu führen und so lange wie möglich, ohne langfristig noch mehr mit den möglichen Folgen und Beschränkungen meiner Krankheit konfrontiert zu werden. Für mich bedeutet dies ein wichtiger Schritt, und ich bin mir ganz sicher, dass dies für viele Menschen gilt. Der Kontakt zu Leidensgenossen erwies sich als begrenzt, und das war eine der Sachen, für die ich bis auf heute nicht bereit war. Nur zu Danny hatte ich ein paar Mal Kontakt über die Medien. Ich bin erst jetzt an dem Punkt gelangt, wo ich die ALS Liga und alle anderen von der Krankheit betroffenen um weitere Unterstützung und zusätzliche Mittel oder Hinweise bitten muss, um die Veränderungen und Einschränkungen der Krankheit besser zu verarbeiten.

Meine wichtigstere Stange, den mir Mut macht, sind meine Familie, meine Kinder und meine Ehefrau, die mich von Tag zu Tag unterstützen. Immer Ausschau halten nach zukünftigen Tätigkeiten wie Urlaub, Partys, Ausflüge, Verabredungen mit Freunden und übliche Familienbeisammensein in den freien Tagen. Als Familie tun wir noch immer so viel wie möglich gemeinsam, obgleich es in den letzten Jahren immer schwieriger wird um z.B. zu verreisen wegen der steigernden Beschränkungen. Seit einem Jahr benötig ich auch Auslüftung damit ich nachts schlafen kann. Das schreiten gelingt mir nicht mehr, nur noch Besuch). ein wenig stehen und kurz aufstützen ist noch möglich (für z.B. ein Toilettengang). Essen geht noch ziemlich gut, aber in den letzten Monaten wurde das schlucken und sprechen immer schwieriger. Ich bin jedoch zufrieden, dass mir all dies noch ziemlich gut gelingt. Das grübeln und die dazu gehörende Ängste die regelmäßig erfolgten in den vorangegangenen Monaten besorgten mir eine ziemlich schwere Zeit. Infolge der guten Betreuung in Löwen und der dazu gehörenden Medikation wurde das Problem gelöst. Seit März vorigen Jahres verfüge ich über den elektrischen Rollstuhl, der mir erneut sehr viel Bewegungs- und sonstige Freiheit erlaubt hat. In den beiden Jahren zuvor verwendete ich (zumindest für längere Strecken) einen üblichen Rollstuhl. Am Ende erwies sich dieser natürlich alles andere als bequem. Es ist jedoch so, dass die Fahrzeug-Anpassung nicht zum erhofften Komfort geführt hat. Wir fahren mit einem Volkswagen Caddy Maxi mit Bodenverringerung für unsere Versetzungen und Familienausflüge. Das Fahrzeug sowie die Anpassung an sich sind qualitativ in Ordnung, der Komfort hingegen, das hinten sitzen im Rollstuhl, entspricht gar nicht unseren Erwartungen. Wegen der geschwächten Muskelkraft am ganzen Körper und also auch im Hals bedeutet mir jede Grube, jeden Hügel oder Ungleichmäßigkeit auf der Straße ein wahrhafter Albtraum. Ohne festen Halskragen ist solches überhaupt nicht zu tun. Auch die Sicht im Wagen, sitzend im Rollstuhl, ist sehr beschränkt. Ich kann fast gar nichts von der Umgebung mitbekommen. Schade dass hierüber keine weitere Verdeutlichung oder Auskünfte im Voraus erteilt werden können, denn was uns betrifft erweist sich der Ankauf einer Kombination Fahrzeug und Anpassung als nicht mehr möglich. Zum Glück kann ich mittels der nötigen Hilfe noch immer vorne im Wagen sitzen um längere Strecken zu hinterlegen.

Das Verreisen ist wie dem auch sei eine der wichtigsten Sachen in “unsere” zu tun Liste. Letzten Sommer (2015) waren wir in Frankreich mit dem Auto zu Gast. In den Jahren zuvor waren wir auch mehrmals in Italien und natürlich auch einige Male in Liverpool um die Spiele von Simon aus nächster Nähe zu erleben. Simon Mignolet, Torwart von Liverpool, ist der Sohn der ältesten Schwester meiner Ehefrau und hat uns immer (wir haben bereits dreimal ein Spiel bei der Direktübertragung erlebt) gut empfangen und für einige unvergessliche Momente gesorgt. Besonders für mich als Fußball Liebhaber und Fan erwies sich dies als unglaubliche Erfahrung. Habe besonders geschätzt, dass er die Rolle als Botschafter der ALS Liga angenommen hat. 

Eine der Sachen auf meine to do Liste wäre einmal ein Spiel auf Anfield zu erleben und am liebsten im erneuerten Stadion. Wir sind uns nicht sicher wie wir dies als Familie erreichen können. Erstens ist es ziemlich kostspielig (Flugticket, Hotel...). Und zweitens überbrückst du jede Hindernis und Einschränkung d.h. der Flug mit einem elektrischen Rollstuhl, angepasste Hotelzimmer (diese sind allem Anschein nach nur geeignet für 2 Personen, man darf also anscheinend keine Kinder haben), wie und was mit meinem Lüftungsgerät und was mit dem Transport vor Ort? Solche Reisen werden immer mehr zu einem Unternehmen worüber du intensiv nachdenken musst, eine Suche anstellen und darüber hinaus gut vorbereiten.

Das Meer ist ebenfalls eines unserer bevorzugten Ausstiegplätzchen denn Wenduine ist für die Kinder wie ein zweites zuhause wohin wir uns seit zehn Jahren jährlich begeben. Die Woche am Meer in Wenduine wurde für diesen Sommer inzwischen gebucht. Wieder nach sehr viel Sucharbeiten (Nachfrage von und Bilder anschauen). Du musst alles ganz genau anschauen ob es zugänglich und praktikabel ist. Am Ende bist du nur sicher wenn du vor Ort bist. Die Unsicherheit im Falle einer Buchung sowie das eher beschränkte Angebot hinsichtlich von Personen mit einem Handicap sorgt regelmäßig für einige Frustration. Aber bis jetzt können wir für eine Lösung sorgen.

Die Lage bei mir zu Hause ist jetzt so, dass ich während der gesamten Arbeitswoche Personen in meiner Nähe habe, sowohl seitens Familienhilfe (am Morgen) wie meine persönliche Assistentin. Familienhilfe erteilt seit 2010 Unterstützung an unsere Familie (die ganze Zeit besucht Christel mich zu Hause) und seit 2015 bekomme ich Unterstützung bei meinen täglichen Tätigkeiten seitens Carmin als persönliche Assistentin. Meine Ehefrau arbeitet noch Vollzeit wie ich es gerne möchte, sie ist auch berechtigt zu ihrem persönlichen Leben und ist jeden Abend zugegen nach der Arbeit. All dies ist für uns finanziell sowie praktisch nur möglich dank des persönlichen Assistenzhaushalts. Zum Glück können wir diese finanzielle Einrichtung seit einigen Jahren benutzen denn ohne sie wäre die Lage bei uns zu Hause ganz anders. 

Wie bereits vorhin gemeldet machen mir meine Kinder glücklich; ich erlebe wie diese vom Leben genießen, Sport treiben und tanzen, “streiten” und aufwachsen und wie sie jeden Tag zufrieden zur Schule gehen, wie Kinder das tun sollen. Meine größte Zufriedenheit bleibt die Erziehung der Kinder, denen ich die wichtigsten Werte im Leben mitgeben möchte. Einfach versuche ich den besten und normalsten Papa für sie zu sein. Auch meine Ehefrau erweist sich als unersetzlich, ihre tägliche Liebe und Fürsorge sind fabelhaft. Habe ihr schon mehrmals darüber angesprochen, dass ich nicht verstehe wieso sie mich liebt. Persönlich änderst du dich, aber für mich gibt es kein Unterschied zu früher. Du wirst viel kritischer zu Personen die sich zu oft über Kleinigkeiten beschweren. Die vorherigen Gedanken und Standards schärfst du noch einigermaßen, demzufolge du besser realisierst, worüber und wie oft du Leute ansprichst. Andererseits setzt du sehr vieles im täglichen Leben in die richtige Perspektive. Trotz der zahlreichen besorgten Freunde und Familie kommst du dir immer mehr und mehr wie ein “Außenseiter” der Gesellschaft vor. Mit Sicherheit wenn du feststellst, dass das tagtägliche Leben um dich herum im allgemeinen sich zu wenig um Personen mit einem Handicap oder einer schweren Krankheit dreht!

Ein möchte ich hinzufügen : trotz der Versorgungen zur Rückerstattung von sehr viel Hilfsmitteln musst Du noch zu oft finanzielle Abhilfe leisten um den benötigten Komfort zu erhalten. Sogar das Gesundheitswesen und die Unternehmungen für Hilfsmittel verfügen des Öfteren über unzureichende Kenntnisse und sie fühlen zu wenig die genaue Nöte und Bedürfnisse des Patienten. Es genügt dem Patienten genauer zuzuhören um eine richtige Lösung des Problems zu bekommen. Zum Glück kenne ich mich sehr gut aus mit ICT und bin dazu erfindungsreich, besonders im Bereich meines Rechners und Smartphones habe ich schon sehr viel herausbekommen. Diese Sachen können nützlich sein für Leidensgenossen. Es erscheint mir interessant um zukünftig Hinweise und Gedanken mit anderen auszutauschen.

Abschließend erzählte mein praktischer Arzt meiner Ehefrau je : “ob Ihr Ehemann das Alter von 40 erreicht?” Inzwischen feiere ich nächsten Monat den 41. Geburtstag und bin sehr erfreut dass ich diese Strecke bereits hinterlegt habe trotz der Krankheit. Viele meiner Leidensgenossen, dessen bin ich mir bewusst, ist dies nicht der Fall! Jeder Tag ist ein gewonnener! Ausschau halten nach einem nächsten Tag lautet der Slogan!

 

Übersetzung: Ibe Deturck & Eric Kisbulck

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