Die Geschichte einer kräftigen Frau, meine Mama, Boeckstaens Gabriëlla (Gaby für die Freunde)

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Gabriella Boeckstaens

Mama erblickte das Lebenslicht in Itegem am 30/07/1949, sie ist demzufolge 71 Jahre alt. Verheiratet, mit 1 Tochter und 4 Enkelkindern. Sie galt als sehr entfaltet. Im Grunde genommen war sie so gut wie arbeitlos hat jedoch viel Arbeit geleistet. Die Eltern waren kurz unabhängig, eine Baugesellschaft die besonders Geschäfte und Lager herstellte. Hier war Mama die Dienerin, sie zog die Zementsäcke, die Steine, die Leiter und vieles mehr. Diese Gesellschaft ist Bankrott gegangen und dies hat Mama verfolgt bis im vergangenen Jahr. Klagen, Lohnpfändung in der Vergangenheit und später Schuldenvermittlung bis im vergangenen Jahr. Keine leichte Zeit und Mama trug die Hauptlast davon, meinem Vater war es egal. 

Nach der Insolvenz arbeitete meine Mutter als Putzfrau und nach Büroschluss putzte sie Büros in Mechelen. Tagsüber war sie Hausfrau im breiten Sinne des Wortes, Mama hat nie still gesessen. Sie hat jedem geholfen, der sie darum gefragt hat. Vom Babysitting von Kinderen bis zur Hilfe beim Streichen und Tapezieren, bis vor einigen Jahren half sie die alte Nachbarin. Sie leistete ihr Gesellschaft, duschte sie, pflegte sie wenn sie einen Unfall hatte und legte sie ins Bett.  

Meine Mama hat sehr viel an Migräne gelitten unter der Form daß sie im Dunkeln liegen mußte mit einem Eimer neben ihr. Während dieser Zeit wurde ihr viel Imitrex injiziert gegen die Migräne. In den letzten 15 Jahren kämpfte Mama sehr viel mit den Gelenken. Dann schon erhielt sie ein neues Knie und Prothesen in 2 Fingern. Verschiedene Ärzte empfingen sie und sie bekam Diagnosen von Reuma bis Arthrose, Veranlagung zu Entzündungen, usw.  Ihre Schmerzen wurden schlimmer, sogar so schlimm daß sie in einem bestimmten Moment kaum auf den Kopf liegen konnte. 

Danach stürzte meine Mama regelmäßig. Ich habe schon wieder fehlgetreten sagte sie oft. Im Juni 2019 war Mama wieder gefallen, diesmal hatte sie eine Fraktion am Puls und am Unterarm. Sie erinnerte sich nicht mehr wie sie gestürzt war. Und mit diesem Sturz  rollte alles. Im Juli fing Mama auch an schwieriger zu reden. Im August war sie noch mit uns in Urlaub gefahren nach Tikibad. Dort mussten wir einen Rollstuhl für sie nehmen da sie sonst nicht mehr im Park spazieren konnte. Von hier aus habe ich den Familiendoktor angerufen mit der Bitte ob er sich darum kümmern könnte daß wir Mama so schnell wie nur möglich irgendwo konnten testen lassen da ich vermutete daß sie im Juni 2019 einen Schlaganfall hatte und daß wir jetzt begannen die Konsequenzen zu sehen. 

Anfang September dürften wir zum Neurologen im Imelda-Krankenhaus. Infolge Scans und Prüfungen schloß dieser einen Schlaganfall aus aber wollte weitersuchen woher die Symptome kamen und er riet ein Krankenhausaufenthalt. Anfang Oktober 2019 ist Mama in Aufnahme gegangen bei Dr Dejaeger. Am 16. Oktober 2019 erhielt Mama das Urteil ALS...dann bleibt die Welt stehen. Jemand der stets für alle da ist, jemand der für alle bereit steht, eine Mutti die immer da ist um auf ihre Enkel zu passen und sich um sie zu kümmern, bekam dies zu hören. Schrecklich!!!!!!!!!!!

Ich dachte meine Mama würde den Mut verlieren und sich gehen lassen. Aber ihre Reaktion war stark, ‘es ist wie es ist, ich kann gar nichts daran ändern und wir werden das beste draus machen’. Ihre Umgebung, jeder der sie kennt fand dies schreckliche Nachrichten, daB gerade ihr dies geschehen sollte! Gerade jetzt wo sie genießen könnte (da die Schulden soeben abbezahlt waren) und warum sie, so eine gute Frau. 
Im Krankenhaus hat man uns informiert was die Krankheit mit sich bringt, aber zugleich auch gesagt daß diese unvorhersehbar ist, man nicht sagen kann wie lange noch, wann was ausfällt,... alle diese Fragen blieben unbeantwortet. Ich habe auch viel im Internet recherchiert, Mama selbst wollte nichts darüber lesen! Sie wollte abwarten, was geschehen würde. 

Für Mama ging es ziemlich schnell, dass sie im Haushalt nicht viel machen konnte und sie Sachen abgeben mußte. Etwas das furchtbar schwierig war weil gerade sie immer für alle da war und sie jetzt diejenige war die lernen musste, um Hilfe zu bitten/anzunehmen. Ihre erste Bitte auf mich zu war so schnell wie nur möglich zusammen mit ihr de Dokumente von LEIF in Ordnung zu kriegen. Nachdem dies der Fall war, schien es erneut, als wäre eine Last von ihren Schultern genommen worden. Wir sprachen offen über ihre Wünsche und besonders was sie nicht wollte. Davon ruhe ich mich auch aus, ich weiß Bescheid was meine Mama unbedingt will und was bestimmt nicht mehr geschehen darf. Schwierig, aber andererseits gibt es mir Frieden. 

Meine Tante und mein Vetter bieten viel Hilfe an, aber nicht nur sie, einer meiner älteren Söhne zog bei meinen Eltern ein und ist für seine Mutti da. Aber auch Freunde stehen bereit. Infolge Corona ist es schwer Freunde zu begegnen, aber wir kümmern uns darum, daß Mama so viele Leute wie möglich sieht ( in sicherer Entfernung natürlich mit Schutz), sie bittet darum. Falls nicht mehr erlaubt, sagt sie, darf es jetzt aufhören. Mamas Wunsch bis März war noch einmal bis in die Schweiz zu kommen bei Freunden wo sie damals regelmäßig hinfuhren, aber dann kam die verdammte Sperrung.  

Beim Leben mit ALS fällt Mama die Unabhängigkeit am schwersten. Für alles Hilfe brauchen, Sachen die damals so einfach waren sind jetzt unmöglich! Und obwohl die Menschen die sie helfen dies normal finden, gerade weil sie soviel für uns/sie gemacht hat, fällt es ihr schwer. 

In letzter Zeit fällt ihr das Ein- und Aussteigen aus dem Wagen sehr schwer, davor war meine Mutter fast täglich bei mir zu Hause. Sie liebte, die Mädchen spielen zu sehen,  ihre Aufmerksamkeit sowie ihre Liebe zu ihr. Nun kommt sie leider nur noch 1 Tag zu mir, die restlichen Tage begebe ich mich zu ihr, abgewechselt von meiner Tante und meinem Vetter. 

Wir haben ihr vorgeschlagen bei uns einzuziehen aber dies wollte sie nicht, sie möchte keineswegs zusätzlich belasten (dies tippt sie, während wir ihr sagen daß sie keine zusätzliche Belastung ausmacht), weil wir uns bereits um unsere behinderte Tochter kümmern. Mama ist noch immer da weil sie noch stets von ihren Enkelkindern genieBen kann, die ihr soviel Freundschaft und Liebe geben. 
Wir haben die Liga kennengelernt bei unserer Suche nach Sprachunterstützung. Damit waren wir bereits seit kurzem beschäftigt, in Leuven teilte man uns mit daB sie einen Computer kaufen muBte auf dem dann ein Programm erstellt würde. Da Mama beim feststellen der Krankheit bereits 71 Jahre war, hatte sie kein Recht auf eine VAPH-Akte und verpaßt viel Unterstützung. Aber als jemand mir über die Liga sprach habe ich sofort eine Mail abgeschickt zusammen mit  ihrem Arztbericht und 3 Tage danach erhielten wir die Sprachunterstützung. 

Auch haben wir im Juni 2020 die Liga nach Middelpunt begleitet. Ein Mehrwert, da man sich mit Mitleidenden trifft und sich mit ihnen unterhalten kann. Man kann auch einen wahrhaften Urlaub genießen, alles wird dem Patienten angepaßt. Unglaublich was die Liga alles tut für ihr Volk. Dieses Wochenende bin ich nur lachende Gesichter begegnet, ebensowie starke Leute, die diese schreckliche Krankheit so mutig ertragen und Mut und Glück aus solchen kleinen Sachen fassen. Bewunderenswert!!!!!!!

Mamas Worte für Mitleidende: nicht gleich aufgeben, halte dich fest an kleinen Sachen und lebe vom einen Tag in den anderen. Und wenn es nicht so gut gehen sollte, dann geht es vielleicht morgen wieder besser. Genieße von den Leuten die dir nur gutes willen, die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern.  Und was mich betrifft, zaubere dir weiterhin dieses Lächeln ins Gesicht, da dies deinem Mitmenschen den Mut erteilt daß sie euch  immer noch glücklich machen mit kleinen Sachen. 

Als ich Mama fragte, worauf bist du stolz in deinem Leben, zuckte sie mit den Schultern, ich weiß es nicht. Nun, ich werde dir mal sagen warum ich stolz bin daß du meine Mama bist!!! DU bist immer für jeden da, verleugnest dich immer wieder (darauf bin ich nicht so stolz, da du soviel mehr verdienst), aber besonders, lerntest du mich was gut ist. Jetzt bist DU immer noch da für mich, WIR sind 1 und niemand wird sich jemals einmischen. DU bist einzigartig, DU bis meine Mama, den Kindern liebster Mama.  
KÄMPFT ALLE WEITER. 

Übersetzung: Eric Kisbulck
 

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