Hortense Van Molle hat das Wort

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Wie und wann wurden Sie ALS diagnostiziert? Kannten Sie die  Krankheit? Bekamen Sie genügend Auskunft?  

Vor 2 Jahren sah ich im Fernsehen eine Sendung über eine ALS Patientin in England die das Recht auf Sterbehilfe vor Gericht erzwingen wollte. Schließlich, falls ihr Ehemann ihr Leben beenden würde, würde er des Mordes wegen verklagt werden. Dies wurde ihr verweigert. In der Anfangsphase hatte ich die gleichen Symptome : Schluckbeschwerden und  Speiseröhrenkrämpfe. Infolge der bewußten Sendung bin ich drei Monate mit einem Zettel in der Tasche herumgegangen mit dem Wort ALS drauf.  Initial stellte der Neurologe eine falsche Diagnose (Myastenia Gravis). Die verschriebene Medikamente ergaben keine Erleichterung und der Neurologe hat weitere Nachforschungen angestellt. Er hat nicht diagnostiziert, aber machte spürbar daß es sich um eine schlimmere Krankheit handelte. In der darauffolgenden Woche habe ich viel in der Bibliothek gesucht nach möglichen Diagnosen anläßlich der bei mir entdeckten Symptomen. Eine Woche später erfolgte die Bestätigung dessen von mir befürchtetem: ALS. Danach erteilte der Neurologe volle Information hinsichtlich der Krankheit und deren Verlauf. Er betonte daß jeder Patient sich anders entwickelt und der Krankheitsverlauf schwer vorherzusagen ist. Auch nam er sich die nötige Zeit um den Unterschied zwischen Myasthenie, ALS, MS zu erklären und um Fragen zu beantworten. Er gab Auskunft hinsichtlich der ALS Liga und schlug vor mich vom Neuromuskulairen Referenzzentrum begleiten zu lassen. Ich wurde dort gut aufgenommen  von der Sozialkrankenschwester sowie vom ganzen Team.

Eine Krankheit ändert das Leben. Wie hat dies die Hausarbeiten, jede Arbeitssituation, Hobbys beeinträchtigt? Wie füllst du deine Freizeit aus? 

Deine Anpassungsfähigkeit wird andauernd auf die Probe gestellt. Du machst das beste daraus. Von einer aktiven Hausfrau fallen Sie in eine rein beratende Funktion. Mein Bruder riet mich schnellstens zu lernen einen Computer zu bedienen um mich nachher immer noch verständlich zu machen beim Sprachverlust. Damit fülle ich die Freizeit aus, nebst Lektüre (mit Hilfe eines Umblättergerätes). Ich darf erfahren daß meine Freunde mir eine große Hilfe sind. Ich genieße intensiver von jeder kleinen Aufmerksamkeit seitens meiner Familie und Freunde. Es erfolgen regelmäßige Ausflüge.  

Wie hast du dich bei der Liga gemeldet? Wie erfährst du das Angebot, die Aktivitäten? Ist der Kontakt zu Mitleidenden wertvoll? Hast du eine positive Nachricht für andere Patiente? 

Mein erster Kontakt mit der Liga verlief nicht einfach, ich mußte eine Schwelle überschreiten. Aber es hat sich gelohnt. Zum Glück lernte ich den Vorsitzenden sowie seiner Ehefrau kennen und erfuhr, wie sie trotz ihrer Grenzen, eine enorme Lebensfreude ausstrahlen. Das wollte ich auch. Und darin bekam ich Unterstützung seitens meiner Familie. Die familiären Bindungen sind enger geworden.  Eine aussichtslose Zukunft gibt es nicht mehr. Alles hat sich intensiviert, sowohl die Freuden als auch die Sorgen. Und deswegen ist der Kontakt zu den anderen wertvoll, auch mit Leidensgenossen. Da wo am Anfang das Handicap das Vorrang hat, stehen jetzt die Beziehungen zwischen Menschen im Fokus. Ich denke dabei an einer Aussprache unserer Botschafterin, Leah Thijs, die mir sagte: “Es besteht Kommunikation : du verstehst mich und ich verstehe Sie. Du sprichst mit den Augen, ich sehe eine Person und kein Handicap. Selbst wenn du die Hände nicht verwenden kannst, obwohl du in deinem Bett liegst, du bleibst immer noch eine Person mit der ich kommunizieren kann, auch mit deinem Blick.” Auch Marleen Merckx und Eric Goris ermuntern uns durch ihre freundliche Anwesenheit und persönliche Aufmerksamkeit. 

Möchtest du noch etwas Besonderes mitteilen?

Ein aufrichtiges “danke sehr”, auch an den Vorstand, mit dem man die Problemen besprechen kann, er gibt die nötigen Auskünfte weiter und ist zutiefst menschliche Gegenwart. 
Anmerkung des Herausgebers: danke Hortense. Wir sind mit unseren Herzen bei unseren Patienten. Wir schöpfen auch Energie aus Ihren Worten, um fortzufahren. 

Übersetzung: Eric Kisbulck
Quelle: Newsletter 125 - Mai, Juni, Juli 2004 

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