Kolumne Januar 2014

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Warum in Forschung gegen ALS investieren?

Das Ende von 2013 war hektisch und intensiv. In dieser Jahreszeit des Friedens und der Freude gab es merklich mehr Aktionen für den guten Zweck, auch bei der ALS Liga. Doch dieses Jahr ging es drüber und drunter dank sei Studio Brussel und Musik for Life. Es lief anders als früher: Es gab kein „Gläsernes Haus“ mehr, dagegen gab es hunderte von ‚guten Zweck‘-Aktionen. Selbstverständlich lies die ALS Liga diese Chance nicht stehen. Studio Brussel erreicht mit dieser Aktion ein großes Publikum und baut eine enorme Medienmaschine auf, die wir gerne benutzen.

Eigentlich war für die ALS Liga diese „wärmste Woche“ von StuBru ein großartiger Abschluss eines sehr aktiven und produktiven Jahres 2013. Natürlich spreche ich an erster Stelle von der Beschaffung von Geldmittel für wissenschaftliche Arbeit. Der Unterzeichner war anwesend bei der Ausreichung des Checks im Labor von Prof. Van Damme im ZU Gastheuisberg. Evy Reviers durfte im Namen der ALS Liga den Check von etwas mehr als 100.000 Euro an Prof. Van Damme überhändigen. Er war genau so aufgeregt und überrascht über den Betrag wie wir. Dieses Jahr sind die Spenden im Vergleich zu den vorigen Jahren nicht gestiegen, sie haben sich vervielfacht - um vier oder fünf Mal. Das bedeutet in börsengängiger Terminologie, eine Zunahme von 400%.

So einen Ertrag bekommt man nirgends zusammen. Eigentlich wollen die Banken unser Spargeld nicht mehr in diesen postmodernen Zeiten sehen. Sie schicken uns nach Hause mit einer Rendite von einem Prozent. Davon ziehen sie noch ihre Festkosten ab, sodass beinahe nichts mehr übrigbleibt. Man kann stattdessen aber etwas Sinnvolles mit den Cents tun. Ja, man kann immer etwas kaufen, vielleicht etwas überflüssige Elektronik – das ist wohl fein, genau wie die SF-Filme, oder man kann das Geld in die schwarze Socke stecken, wie früher…

Aber dort holt man noch weniger an Vorteilen heraus von dem Wert den man zuerst aufgewendet hat. Eigentlich nimmt unser Spargeld nur noch ab. Das kommt daher, weil das was man dafür bekommt weniger ist als die Wertverminderung dieses Geldes. Wenn das einem bewusst wird, könnte es doch auch eine schöne Entscheidung sein, etwas mehr danach zu suchen, sich etwas länger zu erkunden, nach einem sinnvollen Zweck, einer solidarischen Geste. Wollen Sie sich entscheiden, um ‚das Gute‘ zu tun und um weiter zu denken als man das gewöhnlich diese Tagen noch tut? Muss man nicht vielleicht doch etwas tun, um seine Seele in Sicherheit zu bringen, zu retten oder um seinen Himmel zu verdienen?

Diese Entscheidung und Überzeugung ist individuell. Dennoch gibt es viele Menschen, die sich darüber einig sind, dass unsere eigene Humanität, unsere Existenz als Mensch genau darin Bestand hat, dass wir die Freiheit haben das Gute zu tun. Wir können uns als soziale, intelligente Wesen verhalten. Das beinhaltet auch, dass wir als Gruppe füreinander sorgen. Natürlich bestehen hierfür bereits Systeme in unserer Gesellschaft, aber es gibt auch leere Lücken. Nicht alle Nöte werden durch den Staat aufgefüllt. Dennoch sind sie dringend, ja selbst erforderlich. Und genau hier kann man als Individuum durch das Anbieten von Unterstützung einen Unterschied machen. Man spendet Geld, man bekommt aber kein anderes Geld oder seinen realen Gegenwert dafür. Man bekommt dagegen ein bisschen ´von einem übergeordneten Gefühl´: ein bisschen warmes Gefühl, weil man an etwas Gutem mitwirkt. Man hilft Menschen, die die eigene Hilfe wirklich nötig haben. Und ALS-Patienten haben Deine Hilfe, unsere Hilfe nötig. Hilfe für das ‚hier‘ und ‚jetzt‘, in Mittel und Pflegeleistung, aber vor allem Hilfe für wissenschaftliche Forschung. Die Wissenschaft muss einen großen Sprung nach vorn machen, um diese Krankheit behandeln zu können und sie sogar aus der Welt zu schaffen.

Es ist gut zu wissen, dass keine einzelne wissenschaftliche Tätigkeit völlig selbstständig entsteht. Störungen in unserem Nervensystem oder unserem Gehirn können eine ganze Reihe von Krankheiten und Probleme verursachen, die miteinander verwandt sind. Das fängt bei Alzheimer an und reicht über zu MS bis hin zu psychischen Erkrankungen selbst, wie Autismus und Schizophrenie. Das Nervensystem und das Gehirn hängen unglaublich verwickelt miteinander zusammen. Das macht die Forschung komplex und schwierig. Die Wissenschaft probiert deswegen alles in kleinen Stücken zu analysieren und zu untersuchen. Hier ist die Krankheit ALS sehr interessant, weil die Symptome außergewöhnlich stark sind (Atemprobleme, Lähmung). Dadurch sind sie gut wahr zu nehmen und einfacher zu messen. Das gibt uns einen besseren Einblick in die Arbeitsweise des Nervensystems. Ein Handicap wie Autismus zu erforschen ist viel schwieriger, weil die Symptome nicht immer am Patienten erkennbar oder messbar sind. Aber ein Durchbruch oder die Einsicht, die hier entsteht kann in Zukunft zu weiterer Forschung und in Folge zu neuer Erkenntnis und vielleicht zu Durchbrüchen bei anderen Krankheiten führen.

Darum finde ich die Krankheit ALS so interessant. Für mich fühlt es sich an als ob hier ‚Musik‘ in dieser Forschung steckt. Ich denke, dass das Finden von etwas, die Lösung oder eine wichtige Erkenntnis nicht so weit von uns weg liegen. Das könnte wohl eines Tages weiterführende Folgen haben können. Darum setze ich mich hierfür ein und darum glaube ich fest daran, dass die Wissenschaft in diesem Gebiet etwas herausbekommen kann.

Ich hoffe, dass man mit mir zustimmt. Ich hoffe, dass auch Sie sich mit mir zusammen einsetzen wollen, um unsere Welt in Zukunft wirklich zu verändern. Ich spreche nicht über ein Roboterchen, das sprechen kann oder mit einem Wort Gardinen schließen kann. Mich interessiert vielmehr etwas viel wichtigeres: unsere Gesundheit, die Verbesserung von Lebensqualität, die Genesung von Krankheiten. Und es interessiert mich vor allem die Verminderung von Elend und Leiden in der Welt.

Ich will Sie deshalb herzlich bedanken für Ihre herzliche Unterstützung, im Namen aller Patienten mit einer Nerven- oder Gehirnerkrankung oder einem ähnlichen Leiden.

Das Jahr 2013 war wirklich ein ausgezeichnetes Jahr. Wir sollten alles daran tun, um es in 2014 noch besser zu schaffen, um noch weiter zu gehen. Es wird eine fortdauernde Schlacht werden, um jeden ALS-Patienten aus der Gefangenschaft seines Körpers zu befreien. Nur dann, wenn diese Mission vollbracht ist, keine Sekunde früher. Es gibt keine Zeit zu verlieren, ich habe mir dafür den Slogan von Greenpeace aus den 80er Jahren ausgesucht: ‚No Tim to Waste‘: keine Zeit zu vergeuden. Der Schutz für unsere Umwelt hat sich bereits verbessert. Nun richten wir uns auf andere wichtige gesellschaftliche Probleme. Ich habe mich entschieden, ‚I choose you‘, ALS.

 

Tristan Herftijd

Liberation Park, januari 2014

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