Molekulare Ursachen der Proteinaggregation bei ALS und FTLD

19-07-2018

Das mutierte und aggregierte FUS-Protein ist an zwei neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt, nämlich an der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und an der frontotemporalen lobäre degeneration (FTLD). Die Forscher um Prof. Ludo Van Den Bosch (VIB – KU Leuven) haben untersucht, wie das FUS-Protein neuronale Toxizität und Krankheit verursacht. Dafür nutzten sie unter anderem ein neu entwickeltes Fruchtfliegenmodell.

Basierend auf den Symptomen die sie verursachen, und den betroffenen Neuronen, scheinen ALS und FTLD zwei verschiedene neurodegenerative Erkrankungen zu sein. Bei ALS sterben die Neuronen, die die Muskeln kontrollieren, selektiv ab, was zu einer fortschreitenden Lähmung des Patienten führt. Bei FTLD hingegen sind bestimmte Regionen des Gehirns betroffen, was zu Verhaltens- und/oder Sprachproblemen führt. Dennoch zeigen viele Patienten Symptome beider Krankheiten, was Ärzte und Forscher zu der Annahme veranlasst, dass beide Krankheiten jeweils das Ende desselben Krankheitsspektrums sind.

Die Überschneidung zwischen ALS und FTLD ist nicht nur in der Klinik sichtbar, sondern auch, wenn wir uns die zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen ansehen. FUS, zum Beispiel, ist an beiden Krankheiten beteiligt. Mutationen im FUS-Gen verursachen eine familiäre Form von ALS und bei beiden Erkrankungen wird eine Akkumulation des FUS-Proteins (= Aggregation) beobachtet.

Von flüssigen Tropfen zu unlöslichen Aggregaten

FUS befindet sich normalerweise im Zellkern, bewegt sich aber auf Stressgranula im Zytoplasma zu, wenn die Zelle Stress empfindet. Stressgranula sind im Grunde genommen flüssige Tröpfchen in der Zelle, die in ihrer Zusammensetzung den toxischen Proteinaggregaten in ALS und FTLD ähneln. Der große Unterschied besteht darin, dass diese Spannungsgranulate dynamisch sind und die Bestandteile sich beim Nachlassen der Spannung wieder lösen können. Forscher glauben, dass diese Stressgranulate die Grundlage bilden für die für die Krankheiten typischen Aggregate.

Zwei Proteinregionen

Wir haben ein FUS-Fruchtfliegenmodell entwickelt, in dem die Toxizität von FUS detailliert untersucht werden kann. Wir identifizierten eine bislang unbeobachtete Wechselwirkung zwischen zwei verschiedenen Regionen des FUS-Proteins. Wir fanden auch heraus, dass die Interaktion zwischen den beiden gleichen Proteinregionen notwendig ist, um FUS in das Stressgranulat entstehen zu lassen. So fanden wir einen klaren Zusammenhang zwischen den Proteindomänen in FUS, die für die Toxizität verantwortlich sind, und denen, die notwendig sind, um FUS zum Stressgranulat zu führen, was stark darauf hindeutet, dass beide Prozesse miteinander verbunden sind. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass es die positiv geladenen Arginine in einer der beiden Domänen sind, die für diese Wechselwirkungen sowie für die Toxizität von FUS in den Fruchtfliegen entscheidend sind.

Probleme bei Fliegen und bei Patienten?

In unserer Studie konnten wir erstmals zeigen, dass Wechselwirkungen, die in einem Reagenzglas stattfinden, auch einen Einfluss auf die Toxizität von FUS in einem Fliegenmodell haben. Die nächste Frage ist natürlich, ob dies auch bei Patienten der Fall ist. Die Tatsache, dass die gleichen Proteine in denAggregaten von ALS- und FTLD-Patienten vorhanden sind, deutet darauf hin, dass bei Patienten die gleichen Prozesse wie bei Fruchtfliegen auftreten und dass diese auch fehlgeleitet sein können.
Es ist daher äußerst wichtig, den genauen Prozess des Übergangs von flüssigen Tröpfchen zu Aggregaten zu klären: Die Untersuchung des Wie und Warum Proteine wie FUS beginnen, sich im Gehirn zu aggregieren, kann entscheidend sein um neurodegenerative Erkrankungen wie ALS und FTLD zu verstehen und neue therapeutische Strategien zu entwickeln.

Dieser Artikel wurde durch die finanzielle Unterstützung der ALS-Liga ermöglicht.

Elke Bogaert, Steven Boeynaems, et al. 2018 Cell Reports
Molecular dissection of FUS points at synergistic effect of low-complexity domains in toxicity
 

Elke en Steven haalden zelfs de cover van het vakblad: 

Cell Reports, cover

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